Realistisch betrachtet, feierte am 1. Januar 1975 nur der Name Spandauer
Tisch-Tennis Club 25-jähriges Jubiläum. Der eigentliche Ursprung des Clubs
und seine Tradition gehen zurück bis zum Spätsommer des Jahres 1946, als
eine Handvoll ehemaliger Schüler der Knabenmittelschule Spandau sich zum
Spiel mit dem kleinen, weißen Ball zusammenfand.
In dem halbzerstörten SSV-Kasino wurde unter den primitivsten
Verhältnissen mit dem Tischtennisspiel begonnen. Jeder, der die damalige
Zeit noch in Erinnerung hat, kann sich denken, dass die Verhältnisse alles
andere als günstig waren, um eine neue Sportabteilung aufzubauen. Gespielt
wurde zuerst auf Tischen, die ca. 75 cm breit und 3,10 m lang waren. Die
Tischoberfläche war mit einer Art Linoleum belegt. Nur eine Platte mit den
vorgeschriebenen Maßen war vorhanden. Allerdings hatte diese durch
unsachgemäße Lagerung erheblich gelitten und war stark verzogen. Man hatte
beim Spielen den Eindruck, dass sie statt aus Holz aus Wellpappe sei.
Am schlimmsten war sicherlich der Winter
1946/47 für die Mitglieder. Durch
die dunkelgrünen Scheiben schien nur wenig Licht. Da Stromsperren an der
Tagesordnung waren, musste bei geöffneten Fenstern gespielt werden. Die
Raumtemperatur betrug oft um -5° Celsius, an Heizen war nicht zu denken.
Ein TT-Ball kostete damals zwischen 1,02 € (4,00 DM) und 3,07 €
(6,00 DM). Wenn man durch gute Beziehungen überhaupt einen bekam, war
die Haltbarkeit unter den geschilderten Umstanden auf höchstens 8-10 Sätze
beschränkt. Ein weiterer Grund für die nur sehr kurze Haltbarkeit waren die
fast ausschließlich verwendeten Korkschläger. Schläger mit Noppengummi
waren eine Rarität und in keinem Sportgeschäft zu erwerben.
Die jungen Idealisten schlossen sich gleich am Anfang der Sportgruppe
Spandau-Neustadt an, denn die Bildung von Vereinen war ja durch einen
Erlass der Besatzungsmächte untersagt. In dieser Sportgruppe hatten sich bald
nach Kriegsende viele ehemalige Mitglieder des bekannten
TSV-Spandau
1860 zusammengefunden und mit verschiedenen Sportarten begonnen.
Trotz der nicht idealen Verhältnisse waren die Aktiven mit Feuereifer bei der
Sache. Die Gruppe wuchs bald auf über ein Dutzend Mitglieder und es
wurden die ersten Freundschaftsspiele ausgetragen. Auch dabei gab es
Komplikationen, die man sie sich heute einfach nicht mehr vorstellen kann.
Um z. B. nach Schöneberg zu kommen, brauchte man ca. drei Stunden für
einen Weg.
Das lag nicht nur an dem recht unregelmäßigen Straßenbahnverkehr, sondern
auch daran, dass wir Spandauer zu dieser Zeit die Freybrücke in Pichelsdorf
noch zu Fuß überqueren durften, um auf der anderen Seite der Brücke in die
dort eventuell gerade wartende Anschlussbahn zu steigen.
Nachdem sich der Sportbetrieb in unserer Stadt, deren Kriegswunden an allen
Ecken und Enden noch mit tragischer Deutlichkeit sichtbar waren, langsam
wieder belebte, zogen die Tischtennisspieler in die Turnhalle der Schule Kur-
Ecke Lutherstraße. Das Sportamt Spandau stellte den Spielern mehrere
Platten zur Verfügung und die Mitgliederzahl wuchs ständig.
Mit dem Aufschwung stellten sich aber auch gewisse Schwierigkeiten mit
dem Hauptvorstand des inzwischen seinen alten Namen
TSV-Spandau 1860
tragenden Vereins ein. Die Tischtennisspieler hatten den Eindruck, dass in
dem traditionsreichen Turnverein sich alles nur um die Turner drehte und man
die Ping-Pong-Spieler als fünftes Rad am Wagen empfand.
Der Bruch erfolgte auf einer Jahreshauptversammlung und kurz danach wurde
unter dem Vorsitz von Willi Lehmann der TTC
Rot-Weiß Spandau gegründet.
Der neue Verein hatte schon mehr als 50 Mitglieder und durch ständiges
Training wurde auch die Spielstärke beträchtlich gehoben. Zu diesem Zeitpunkt
spielten Ost- und West-Berlin noch zusammen bei den Rundenspielen
und Turnieren. Auch die Mitglieder des Spandauer Clubs waren eifrig dabei,
die eigene Spielstärke in den Turnieren zu verbessern.
Teilnehmerzahlen von 500 Aktiven waren damals durchaus möglich. Soviel
Aktive sind gegenwärtig vielleicht im ganzen Jahr bei den Turnieren in West-
Berlin an dem Start.
Zwischenzeitlich war man in die Turnhalle der
Lilly-Braun-Schule umgezogen.
Auch ein festes Rundenspielprogramm wurde von den Rot-Weißen
bestritten und man war dabei, sich einen guten Namen im Berliner Tischtennis
zu machen. Auch die ersten Erfolge bei Turnieren stellten sich ein,
wenngleich man zu diesem Zeitpunkt nur in den unteren Klassen starten
konnte.
In dieser Zeit etablierte sich in unserem Bezirk ein zweiter Tisch-Tennis-
Club. Ehemalige Mitglieder des Vereins für Hallensport bildeten den Stamm
und unter dem Vorsitz von Karl Küntopp
wurde der Spielbetrieb aufgenommen. Dieser Verein, obwohl zahlenmäßig
erheblich kleiner als Rot-Weiß, wurde spielstärkemäßig ein starker Konkurrent
für die Rot-Weißen, die in ihrer Staffel eine Spitzenstellung einnahmen.
Dadurch bestanden berechtigte Hoffnungen, dass die Rot-Weißen bei den vor
Beginn der neuen Spielzeit stattfindenden Aufstiegsspielen teilnahmeberechtigt
sein würden.
Eines war aber klar, dass Rot-Weiß aus eigener Kraft den Aufstieg in die
gesamtberliner Stadtklasse nicht schaffen konnte. Der andere Spandauer Club
spielte aber zu diesem Zeitpunkt noch eine Klasse tiefer und wäre auf keinen
Fall zum Zuge gekommen. Nun tauchte zum ersten Mal der Gedanke an einen
Zusammenschluss auf. Die Vorstände beider Vereine setzten sich vernünftigerweise
an einen Tisch, um über einen Zusammenschluss zu verhandeln.
Auf beiden Seiten war man sich darüber einig, dass eine Zersplitterung der
Kräfte in unserem Bezirk unvernünftig sei und man kam relativ schnell zu
einer Einigung. Es ist natürlich klar, wenn zwei Konkurrenzvereine in der
Zukunft unter gemeinsamer Flagge weiterspielen sollen, dann geht das nicht
ohne Schwierigkeiten ab. Es war vor allen Dingen ein Verdienst der Sportkameraden
Horst Braune und Will Lehmann, dass die Interessen von Rot-
Weiß auch nach dem Zusammenschluss am
1. Juli 1950 in angemessener Form gewahrt blieben.
Den Vorsitz des neugegründeten Vereins, der den Namen
Spandauer Tisch-Tennis Club erhielt,
übernahm Karl Küntopp, die anderen
Vorstandsposten waren fast ausschließlich mit Mitgliedern des ehemaligen
TTC Rot-Weiß besetzt. Damit war der Jubilar aus der Taufe gehoben.
Vor Beginn der Saison 1951/52
kam dann die von allen Sportlern so bedauerte Trennung der gesamtberliner
Rundenspiele und Turniere. Der Sportverkehr wurde mit einem Schlag rigoros
unterbrochen.
Eine denkwürdige Jahreshauptversammlung fand am 31. Januar 1953 statt. In
spannungsgeladener Atmosphäre, in der die Wogen bei den Rededuellen hoch
schlugen, wurde der bisherige 1. Vorsitzende
Karl Köntopp abgewählt. Rolf
Nelke übernahm die Leitung des Clubs. Mit
Paul Reichmuth als
Stellvertreter, Dietrich Theus
als Kassierer (dem späteren 1. Vorsitzenden)
und Edmund Lettau als Hauptsportwart
wurde die gesamte Führung des Clubs mit einem Schlag drastisch verjüngt.
Der 14 Jahre lang leitete der Sportwart Dietrich
Theus die sportlichen
Geschicke des STTC löste nach nur zwei Amtsjahren
Horst Braune als 1.
Vorsitzenden ab. Auch dessen Stellvertreter
Gerhard Rühe stellte sich nicht
mehr zur Wahl.
Zweiter Vorsitzender wurde Jürgen Schuster
und Hauptsportwart wurde der
jüngste Spieler der ersten Mannschaft Bernd Erling
. Den Posten des
Hauptkassierers behielt Jost Kannemann und Schriftführer wurde Siegfried
Redeker. Rolf Nelke blieb Pressewart und wurde gleichzeitig auch
Jugendwart.
Vor Beginn der Spielzeit 1971/72 und nach
intensiven Verhandlungen der
beiden Vorstände schließen sich der Club und die Spandauer Tisch-Tennis-Freunde
zusammen. Damit wurde der STTC mit einem Schlage der
zahlenmäßig stärkste Tischtennisverein in Berlin.
Gegen Ende der Spielzeit hatten die wiederholten Bemühungen des
1. Vorsitzenden Dietrich Theus beim
Bezirksamt Spandau endlich den
erhofften Erfolg. Der STTC durfte in die Turnhalle des Neubaus des Kant-
Gymnasiums umziehen. Für alle Mitglieder war das ein Gefühl „wie
Weihnachten“, denn die immer schlechter werdenden Lichtverhältnisse in der
Turnhalle Blumenstraße führten bei Abendspielen sogar zu offiziellen
Protesten der Gäste.
Bei der Meisterehrung des Berliner Senats erhielt der Club dann in der
Kongresshalle den Wanderpreis für die beste Jugendarbeit innerhalb des
Berliner Tisch-Tennis-Verbandes. Damit wurden gleichzeitig auch die
erstklassigen Ergebnisse, welche die jugendlichen Mitglieder des Clubs in der
zurückliegenden Spielzeit errangen, entsprechend gewürdigt. In diesem
Zusammenhang sollte man den selbstlosen Einsatz von Siegfried Lüdicke bei
den Schülern und des derzeitigen ersten Vorsitzenden Dietrich Theus bei den
Schülerinnen erwähnen, die den jugendlichen Spielerinnen und Spielern, bei
Turnieren und Rundenspielen den nötigen Rückhalt gaben. Selbstverständlich
wurde die vorbildliche Breitenarbeit bei der Bewertung herangezogen. Durch
die Überdurchschnittlich guten Spielbedingungen, welche durch die ständige
Anschaffung neuer Platten stetig verbessert wurden, rückte die Jugendarbeit
immer mehr ins Blickfeld des Berliner Tisch-Tennis-Verbandes. So war es
nicht weiter verwunderlich, dass Ende des Jahres
1972 das Leistungszentrum
für die Berliner Jugend nach Spandau vergeben wurde.
Wird fortgesetzt .....